Pogromnacht 1938 - Rede des OV-Vorsitzenden Patrick Kriener vom 09.11.2019

Veröffentlicht am 09.11.2019 in Ortsverein

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

 

auch heute gedenken wir wieder der furchtbaren Ereignisse der Pogromnacht 1938.

Wir gedenken der vielen unschuldigen Opfer, der Frauen, Männer und Kinder. Wir gedenken unserer ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Seesen.

Meine Damen und Herren, es fing nicht mit den Gaskammern an! Es fing an mit einer Politik, die von WIR gegen DIE sprach. Es fing an mit Intoleranz. Mit Hassreden. Mit Menschen, die blind folgten. Es fing an mit der Aberkennung von Grundrechten. Die Pogromnacht war der Auftakt zum Völkermord.
 

Auch in Seesen brannten in dieser Nacht Häuser, Geschäfte und Gotteshäuser. Auch in Seesen wurden Menschen gehetzt, gedemütigt und getötet unter dem Mantel des Rassenhasses und der blanken Zerstörungswut.
 

Meine Damen und Herren, wie jedes Jahr stehen wir hier und fragen uns:
Wie konnten Unmenschlichkeit und Terror auf so beispiellose Weise die Oberhand gewinnen? Wie konnte jeglicher Maßstab für Recht und Unrecht verloren gehen? Wie konnte es soweit kommen? Wie konnten unsere Vorfahren so naiv sein? Sie wollen eine Frage auf die Antwort, wie das alles mit Faschismus und rechter Politik passieren konnte? Legen Sie die Geschichtsbücher aus der Hand, denn wir leben in einer Zeit wo die Parallelen zu früher nicht deutlicher sein könnten. Rechtsextremistisches, fremdenfeindliches Gedankengut ist längst in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. In allen sozialen Schichten, in allen Bundesländern und in allen Generationen. Die Straftaten die sich gegen politische Einstellungen, Nationalitäten, Hautfarben oder Religionen richtet steigt kontinuierlich.

Politiker die für die Gemeinschaft eintreten erhalten Morddrohungen. Wo früher Gotteshäuser in Brand gesteckt wurden, finden sie heute Sprengkörper.

Das ist die bittere Wahrheit!


Toleranz, Respekt, friedliches Miteinander und Zivilcourage können wir nicht einfach anordnen. Diese Werte müssen in unseren Herzen verankert sein, damit wir sie selbst leben und vorleben können. Sie sind die Waffen zum Einschreiten gegen Gräueltaten und sind das Fundament unserer demokratischen Gesellschaft.

 

Das Sie alle jedes Jahr bei Wind und Wetter heute hier mit uns gedenken, ist für mich ein Zeichen der Hoffnung und ein Zeichen dafür, dass Seesen Verantwortung übernimmt bei dem Kampf gegen die gefährliche Hetze und den rechten Terror.

Unsere Stadt, unser Land und unsere Demokratie brauchen eine starke und entschiedene Mehrheit. Treu nach Grönemeyer: kein Millimeter nach rechts!

Wir verneigen uns heute voller Trauer und Mitgefühl vor den Opfern der schrecklichen Nacht des 9 November 1938, den Opfern des Holocaust und vor unseren einstigen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in der Hoffnung ein solches Ausmaß in der heutigen Zeit verhindern zu können.

 

Sie alle bleiben unvergessen und stets mitten uns.

Herzlichen Dank.