Patrick Kriener: Stellungnahme zum Prüfbericht der Stadt Seesen

Veröffentlicht am 11.06.2019 in Kommunalpolitik

Teil eines persönlichen Krimis 

 

Bis zum Statement von Andrea Melone im Beobachter (6. Juni 2019) wurde meine Person dankenswerterweise durch die Medien nicht veröffentlicht. Nun ist dieses geschehen und ich sehe mich daher in der Pflicht, nun die Abfolge nachvollziehbar auch für die Öffentlichkeit darzustellen.
 

Am 30. April 2019 wurde mir mit der Tagespost ein DIN-A4 Umschlag ohne Angaben des Absenders zugestellt. In diesem befand sich eine Kopie des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt Seesen. Der anonyme Absender hatte bereits einzelne Abschnitte des Prüfungsberichtes markiert.

Auch ohne juristische Ausbildung konnte ich direkt feststellen, dass beim DRK-Kindergarten etwas schief gelaufen ist und anscheinend Kontrollmechanismen nicht funktioniert haben. Ich selbst wusste jedoch nicht, wie ich mit dieser Information umzugehen hatte. So rief noch am gleichen Tag meinen Rechtsbeistand an und berichtete ihm von der Zustellung und über Auszüge aus dem Bericht.

Mein Rechtsbeistand machte mich darauf aufmerksam, dass es sich bei den gemachten Angaben durchaus um strafbare Handlungen handeln könnte und auch, dass der Absender weiß dass ich diese Information habe. Ferner legte er mir nahe, diesen Bericht umgehend den Ermittlungsbehörden zu übergeben um nicht selbst in den Verdacht der Verfolgungsvereitelung zu kommen.

Erschwerend hinzu kam die Frage, wie man persönlich und als Vorsitzender der SPD in Seesen damit umgehend zu habe. Hier kam ich jedoch schnell zu dem Entschluss, dass das moralische Gewissen vor allem anderen steht. Daher war für mich auch klar, dass dieses brisante Thema zu keiner Zeit Bestandteil des Wahlkampfes werden sollte. Eine Hetzjagd, so wie sie in den letzten Wochen stattgefunden hat, wollte ich immer ausschließen. Gerade im Hinblick darauf, dass wir in einer Kleinstadt leben und Vorverurteilungen befeuert durch Sozialmedia schnell den Ruf einer Person und einer ganzen Familie beschädigen.

Am Donnerstag den 2. Mai 2019 ließ ich mir einen Gesprächstermin bei Bürgermeister der Stadt Seesen geben. Klar war für mich, dass die Ermittlungsbehörden auch auf ihn und die Verwaltung im Zuge der Ermittlung zugehen würden. Demnach hielt ich es persönlich für angemessen den Bürgermeister zu informieren. Ebenfalls an diesem Donnerstag involvierte ich meine beiden Stellvertreter im SPD-Ortsverein Seesen. In diesem Gespräch teilte ich ihnen Teile des RPAs-Bericht mit und stellte meine Ansicht dar. Meine Stellvertreter folgten meiner Ansicht, dass das Thema vornehmlich durch die Ermittlungsbehörden aufgearbeitet werden muss und es wurde Stillschweigen vereinbart.

Bevor ich am Freitag, den 3. Mai 2019 den Termin beim Bürgermeister wahrnahm, übersendete ich das mir zugeleitete Schriftstück an die Polizeiinspektion Goslar. In meinem Anschreiben bat ich um rechtliche Prüfung des Inhaltes und ggf. Einleitung weiterer Ermittlungen (das Anschreiben füge ich dieser Stellungnahme bei).

Im Anschluss nahm ich den Termin beim Bürgermeister wahr. In diesem ebenfalls vertraulich geführten Gespräch stellte sich heraus, dass der Bürgermeister bereits in den Fall involviert war. Nach eigenen Angaben gab es für ihn jedoch keinen Handlungsbedarf, da er der Ansicht des Prüfers folgte, dass „kein Schaden entstanden sei“. Außerdem fügte er hinzu, dass die Leiterin des DRK-Kindergartens im Gespräch kein Schuldgefühl gezeigt hätte.

Im Verlauf des Gespräches teilte ich ihm ebenfalls mit, dass ich dieses Thema aus dem Wahlkampf heraushalten wolle. Auch der Bürgermeister sagte mir persönlich zu, dass er den Vorfall nicht für den Wahlkampf gebrauchen werden, auch wenn er nicht einverstanden war, dass der Bericht an die Ermittlungsbehörden überstellt wird.

Am Montag, den 6. Mai 2019 erhielt ich einen Anruf des ermittelnden Beamten von der Polizeiinspektion Goslar. Dieser teilte mir mit, dass der Fall der Staatsanwaltschaft übergeben wird. Gleichzeitig belehrte er mich darüber, dass ich Stillschweigen zu bewahren habe da sonst ggf. Ermittlungen gegen mich aufgenommen werden könnten.

Dass die Ermittlungen so schnell gingen würden und bereits am Mittwoch vor der Wahl Durchsuchungen im DRK-Kindergaten stattfanden, hat mich selbst überrascht. Noch mehr überrascht hat mich jedoch der Anruf des Seesener Beobachters am Mittwoch den 22. Mai 2019. In diesem Telefonat wurde mir mitgeteilt, dass ich als Empfänger des Schreibens bereits bekannt sei. Diese Aussage hat mich sehr irritiert. Wer hat meinen Namen Preis gegeben? Diese Frage wird wohl nie beantwortet werden. Da die Leiterin des DRK-Kindergartens selbst in die Offensive gegangen ist und ein Statement im Beobachter abgegeben hat, wurde das Thema nun doch kurz vor der Wahl öffentlich. Direkt nach dem Anruf des Redakteurs kontaktierte ich die Fraktionsvorsitzende der SPD, Andrea Melone und bat um eine Fraktionsvorstandssitzung. Aufgrund des Anrufes seitens des Redakteurs habe ich dann am Donnerstag den 23. Mai 2019 die Fraktionsspitze informiert. Darüber das ich dieses Schreiben erhalten habe, dass ich juristischen Rat eingeholt habe, mit dem Bürgermeister gesprochen und das Schreiben weitergeleitet habe. Einzelheiten aus dem Bericht sind dabei nicht zur Sprache gekommen.

Als politische Vertretung der Bürgerinnen und Bürgern war es Pflicht und Aufgabe der SPD-Fraktion im Stadtrat der Stadt Seesen Öffentlichkeit herzustellen. Und auch, dass diese schnell in der Breite zu verteilen gewesen ist. Hierbei ist jedoch zu differenzieren. Die Anfrage der Fraktion richtete sich ausschließlich auf das Vorgehen der Verwaltung und nicht um Schuldfrage gegen die Leiterin. Denn es sind zum einen Steuergelder betroffen und zum anderen steht die Glaubwürdigkeit des Vertragspartners DRK in Frage. Dies, wo man doch gerade eine Erweiterung um eine Hortgruppe in Münchehof plant. Wenn Kontrollmechanismen seitens einer Organisation versagen mit dem man einen Vertrag hat und der durch städtische Mittel subventioniert wird, so muss man einfach Fragen stellen. Dies der SPD-Fraktion vorzuwerfen halte ich persönlich für falsch. Natürlich kochte das Thema innerhalb der Partei hoch und auch hier musste ich dem Druck standhalten und das detaillierte Wissen nicht preisgeben.

Als am Sonntagabend das Ergebnis der Wahl feststand machte ich mich zusammen mit meinem Stellvertreter Markus Franke sowie Andrea und Mario Melone auf den Weg ins Herzgut. Auf Nachfrage von Herrn Lober was wir denn dort machen würde und ob es bei uns jetzt nichts mehr zu feiern gäbe, erwiderte ich: „Es gehört zum Anstand dem Sieger zu gratulieren und das machen wir!“ Das daraufhin die Aussage getätigt wurde, dass man seitens der SPD wohl nicht mehr von Anstand reden können (bezugnehmend auf das Thema DRK) hat mich jedoch tief erschüttert. Im Verlauf des Abends habe ich mir also immer die Frage gestellt: „Habe ich etwas falsch gemacht? Warum wirft man uns das vor? Wie ist der Wissensstand, um so etwas zu sagen?“

Die persönliche Enttäuschung gipfelte jedoch in der Publikation des Videos seitens der GZ in dem der Bürgermeister bei seiner Rede mitteilte: „Ich wusste das es zum Wahlkampfthema gemacht werden würde!“ Hatten wir doch ein offenes und ehrliches Gespräch geführt und hatten wir doch vereinbart, dass niemand von uns derartige Mittel ergreifen wird. Das Thema dann so zu instrumentalisieren muss wohl Herr Homann mit sich aus mache. Ich bin weiterhin der festen Überzeugung, dass zumindest ich moralisch nicht verwerflich gehandelt habe.

In der folgenden Woche wurde das Thema dann sehr differenziert und detailliert von der Goslarschen Zeitung aufgegriffen. Die Öffentlichkeit auch so informiert. Hat Anonymus jetzt diesen Weg gesucht? Persönlich aber auch politisch halte ich es für unangemessen Schuldvorwürfe und Anklagen zu publizieren. Die Beurteilung von Vergehen obliegt dem Rechtsstaat auf den wir uns verlassen können. Das verwaltungsinterne Vorgehen muss durch den Rat der Stadt Seesen geprüft werden. Die Missstände müssen aufgezeigt werden und weitere Kontrollmechanismen notfalls impliziert werden. Die Glaubwürdigkeit und die Verlässlichkeit des Partners muss ebenfalls geprüft werden bevor man weitere Verträge abschließt und verhandelt. Sollte der Stadt Seesen ein Schaden entstanden sein, so muss auch dieser ausgeglichen werden. Es wird aber keiner Partei helfen die Sachebene zu verlassen, zu verurteilen oder zu bagatellisieren.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass Wissen zwar Macht ist, aber auch eine große Bürde darstellt. Ich persönlich habe sehr lange sehr viel nachgedacht und einige schlaflose Nächte hinter mich gebracht. Es zerrt an den Nerven, belastet Familie und Alltag und stellt manches Vertrauen auf die Probe. Mit Herstellung der Öffentlichkeit ist mir letztlich auch Druck genommen worden.